Pacific News #12

 

Die aktuelle touristische Entwicklung auf Bali und Lösungsansätze für einen nachhaltigen Tourismus

Christiane Heinen

Bali im Sonderangebot – Kultur zu Schleuderpreisen. So erlebten in diesem Jahr Sonnenhungrige die Angebote der Reiseveranstalter.

Es ist nicht zu übersehen, daß auch die Hindu-Insel Einbußen bei Touristenankünften zu verzeichnen hatte. So erreichten die direkten Ankünfte nach Bali im Juni diesen Jahres ihr Ausmaß mit -35,7 % im Gegensatz zum Vorjahr. Jedoch scheint Indonesiens wichtigste touristische Destination unter der politischen und wirtschaftlichen Krise weitaus weniger gelitten zu haben als andere Regionen des Landes. So erreichte die Zahl der Ankünfte im Spätsommer wieder annähernd die Zahlen des Vorjahres. Die Auslastungsquote der Hotels stieg im August auf 67%. Dieses Wachstum ist überwiegend auf australische Gäste zurückzuführen, die günstige Pauschalangebote in Anspruch nahmen, aber auch japanische Touristen konnten mit ‘Honeymoon-Angeboten’ zurückgewonnen werden. Das geographische Mißverständnis der Auslandsgäste kam in diesem Fall der Insel zu Gute: die meisten assoziierten Bali, wie auch schon in der Vergangenheit, nicht mit Indonesien und somit auch nicht mit den blutigen Ausschreitungen in Jakarta.


Bali Map

Ortsansässige Hoteliers und Incoming-Agenturen rühren mit extrem günstigen Übernachtungspreisen kräftig die Werbetrommel. Man rechnete für die Weihnachtstage mit einer Hotelauslastung von 80%. Doch die Auswirkungen, die der internationale Tourismus auf die Insel hat, bleiben nicht aus. So scheinen die Einheimischen Fremde in ihrer Heimat zu werden, denkt man z.B. an den großen Einfluß, den javanische und ausländische Investoren speziell in bezug auf die Landnutzung haben. Jüngstes Beispiel war die Umsiedlung von Reisbauern in dem Verwaltungsbezirk Tabanan für die Errichtung des Bali Nirwana Resorts, einer exklusiven Hotelanlage mit einem 18-Loch Golfplatz. Nicht nur die Flächeneinnahme ist enorm (120 ha), sondern auch der Verbrauch des für die Bevölkerung lebensnotwendigen Wassers, das auch einen hohen religiösen Stellenwert einnimmt. Auch die Proteste seitens der Bevölkerung, daß die Anlage einen sakralen Ort, nämlich den in der Nähe gelegenen Hindu-Tempel Tanah Lot, entweihen würde, hielten die Investoren von dem Vorhaben nicht ab.

Ebenfalls eröffneten in diesem Jahr wieder zwei neue große Hotels: das Bali Hard Rock Hotel mit multimedialer Ausstattung in Kuta und das exklusive Four Seasons Hotel in der Nähe des Künstlerdorfs Ubud. Beide Hotels sprechen unterschiedliche Interessengruppen an, jedoch haben beide mit der balinesischen Kultur wenig gemeinsam.

Die dominante Position der Zentralregierung bei der wirtschaftlichen Planung von Bali ist auffallend. Balinesisches Territorium wird durch Großkapital angeeignet. Die Dimensionen der touristischen Projekte sind so groß, daß sie sowohl wirtschaftlich, ökologisch als auch sozio-kulturell für ihr Umfeld folgenschwer werden können. So bedroht die touristische Entwicklung auf der Hindu-Insel deren natürliche und kulturelle Ressourcen. Das Problem ist sehr komplex, allerdings stellt insbesondere die mangelnde lokale Partizipation in touristischen Fragen ein Hauptproblem dar. Um eine Überlastung der vorhandenen Ressourcen zu vermeiden, müßte die Regierung mehr Kompetenzen und Entscheidungsfreiheiten an die kommunale Verwaltung abgeben. So könnte diese bei der touristischen Entwicklung mitentscheiden.

Um einen umwelt- und sozialverträglichen Tourismus auf Bali zu gewährleisten, sind in letzter Zeit, aufgrund von privaten Initiativen, alternative Ferienanlagen entstanden, in denen die Touristen mit der balinesischen Kultur vertraut gemacht werden sollen.

Zu nennen sind das Kulturprogramm Rajawali Plus, das sich auf die Organisation von Führungen und Workshops im balinesischen Handwerk spezialisiert hat und die unter dem Schlagwort ‘sanfter Tourismus’ vermarkteten Ferienanlagen Puri Lumbung und Sua Bali. Letztere ist wohl das bekannteste Projekt für einen integrierten Tourismus auf Bali: die Ferienanlage erhielt auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin 1996 einen Preis, der vom Studienkreis für Tourismus und Entwicklung unter dem Namen ‘ToDo’ in einem Wettbewerb für sozialverantwortliche Tourismusprojekte ausgeschrieben wurde.

Sua Bali ist eine Institution, die im Jahre 1986 von der Balinesin Ida Ayu Agung Mas, die in Deutschland studiert hat, gegründet wurde und anfangs das Ziel hatte, junge Einheimische mit den Sprachen der Touristen und deren Lebensweise in Form von Lehrveranstaltungen vertraut zu machen. Das zunehmend Interesse von Ausländern lokale Kunstfertigkeiten und die indonesische Sprache zu erlernen, führte zur Gründung eines Kulturzentrums am Rande des Dorfes Kemuh, welches in der Nähe von Ubud gelegen ist.

Das balinesische Prinzip des Gleichgewichtes ist der Grundgedanke von Sua Bali, nämlich “die Interessen der Balinesen, der sozialen Umwelt und der Natur in Einklang zu bringen” (SUA BALI INFORMATIONSBROSCHÜRE).

Sua Bali ist ein Zentrum, in dem die Touristen Hintergrundinformationen über das tägliche Leben der Balinesen, der Religion und Kultur finden sollen; unter der Devise ‘weg vom Massentourismus, zurück zur Natur, zu den Einheimischen’ wird die Anlage vermarktet.

Die Ferienanlage, die mit überwiegend lokalen Materialien errichtet wurde, ist mit seinen sechs Gästehäusern, die über acht Doppelzimmer verfügen, einem traditionellen balinesischen Gehöft nachempfunden. Eine Klimaanlage ist überflüssig, da die Häuser schattig gelegen und strohgedeckt sind. Das Badezimmer ist nach traditionellem balinesischen/indonesischen Stil gebaut: es verfügt nicht über eine Dusche, sondern ein Mandi (ein Wasserbecken, aus dem man Wasser schöpft und sich damit übergießt).

Die Übernachtungspreise belaufen zwischen 55 DM im Einzelzimmer und 65 DM im Doppelzimmer inklusive Frühstück. Diese Preise entsprechen denen der Mittelklassenhotels auf Bali. Die Besucher haben die Möglichkeit gegen geringe Bezahlung an Koch-, Sprach-, Tanz-, Schnitz- oder Batikkursen teilzunehmen.

Das Dorf profitiert ebenfalls von der Ferienanlage: jeder Tourist zahlt zur Unterstützung der Tempelfeste und sozialen Einrichtungen 1 US$ pro Tag in die Dorfkasse; überdies hinaus finden die Bewohner eine Beschäftigung in der Ferienanlage. Die Angestellten kommen in den Genuß einer betrieblichen Sozialversicherung und einer in diesem Gewerbe auf Bali unüblichen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei Schwangerschaft.

Touristen werden in das Dorf integriert und dürfen an dessen Zeremonien, nach einer sorgfältigen Vorbereitung über Verhaltensweisen, teilnehmen.

Sua Bali wird schon von verschiedenen Reiseagenturen in Deutschland angeboten, von wo auch die meisten Gäste kommen.

Die vorgestellte Form der Unterkunft setzt sowohl eine alternative Denkweise seitens der Touristen als auch die Bereitschaft, sich mit der Kultur auseinanderzusetzen, voraus. Diese Bereitschaft ist nicht unbedingt von der breiten Masse der Balireisenden zu erwarten. So zeigt sich, daß es nicht einfach ist, die vorhandenen touristischen Strukturen zu ändern, zumal die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für die Insel groß ist.

Entgegen touristischer Großprojekte sollten kleinere Projekte wie die Ferienanlage Sua Bali mehr von staatlicher Seite gefördert und unter Umständen in die Vermarktung der Insel Bali einbezogen werden. Zwar berücksichtigt die Vermarktung der Insel den Kulturtourismus in gewissem Umfang, dennoch ist in den letzten Jahren ein Marketingkonzept entstanden, das den Badetourismus akzentuiert. So stellt das vorhandene Konzept ‘Beach Plus’ die Kultur eher zurück; mit der Vermarktung des Badetourismus läuft Bali Gefahr den Status des Besonderen zu verlieren, wenn dies nicht schon längst geschehen ist.

Die weitere touristische Entwicklung bleibt unter der neuen Regierung abzuwarten.

Quellen:

  • Citrinot, Luc: Die Renaissance kam schneller als erwartet. fvw international. Nr. 26., 1998. S. 84/85
  • Heinen, Christiane: Tourismus auf Bali und Chancen einer nachhaltigen Entwicklung. unveröff. Magisterarbeit, Geographisches Institut RWTH Aachen. 1998