Pacific News #11

 

Probleme der Rekultivierung
in peripheren Bergbaustandorten

Das Beispiel der Bauxitgewinnung in Weipa, North Queensland

Frank Dickmann
 

Eine der weltweit größten Bauxitminen befindet sich an der Westküste der Cape York Halbinsel in North Queensland, Australien. Hier werden pro Jahr rund 11 Mio t Bauxit gefördert, eine Förderzahl, die nur noch von einer Mine in Guinea übertroffen wird. Bis zum Jahre 2042 läuft die Abbaugenehmigung für die COMALCO Aluminium Ltd., doch besteht die Option auf weitere 21 Jahre. Entsprechend groß ist die vom Tagebau eingenommene Fläche. Die für den Abbau vorgesehene Gesamtfläche erstreckt sich über 2.560 qkm (zum Größenvergleich: der Tagebau Hambach I im rheinischen Braunkohlenrevier umfaßt ca. 85 qkm), die nach Beendigung der bergbaulichen Tätigkeit einer Renaturierung bzw. Rekultivierung zugeführt werden sollen.

Ziel des Teilprojekts 5 “Umwelt” des Sonderforschungsbereich 525Resourcenorientierte Gesamtbetrachtung von Stoffströmen” der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist es, die mit dem Abbau verbundenen Auswirkungen zu analysieren und geeignete Rekultivierungsstrategien zu entwickeln. Ausgehend von der Untersuchung der agrarökologischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen soll aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten bestehen, in Anspruch genommene Flächen nach und auch bereits während der bergbaulichen Tätigkeit in eine landschaftsgerechte und den sozio-ökonomischen Bedingungen angepaßte Regionalentwicklung einzubinden. Erste Untersuchungen wurden dazu in Weipa durchgeführt, weitere sind für Bintan (Indonesien), Pijiguaos (Venezuela) und für Gewinnungsstandorte auf Jamaika geplant

Bauxit-Tagebau in Weipa, North Queensland (Aufnahme: S. Ewers 1997)

Ökologische Rahmenbedingungen

Aufgrund der äquatornahen Lage des Abbaugebietes von Weipa (12°38′ s.Br.) ist das Klima tropisch-monsunal mit feucht-warmen Sommern und trocken-milden Wintern. Der Jahresgang der Temperatur schwankt zwischen 25° C im Juli und 30°C im November. Der durchschnittliche Niederschlag beträgt insgesamt rund 2000 mm, jedoch fallen 96% der Niederschläge zwischen November und April. Somit kennzeichnen Dürren auf der einen und sintflutartige Regenfälle auf der anderen Seite die klimatischen Bedingungen, die das Spektrum potentieller Rekultivierungsstrategien bereits erheblich einschränken. Dies trifft besonders auf ackerbauliche Folgenutzung zu. Hinzu kommt, daß Weipa noch innerhalb des australischen cyclonic belt liegt, wenngleich bereits seit langem keine großen Schäden zu verzeichnen waren.

Die natürliche Vegetation ist durch halboffene, rund 25-30 m hohe Eukalyptuswälder (Eucalyptus tetrodonta) und hohen tropischen Gräsern (Heteropogon triticeus und Sorghum plumosum) gekennzeichnet. Entscheidend für die Ausbildung dieser Pflanzengesellschaft sind die mehr oder weniger regelmäßig entstehenden Buschfeuer am Ende der Trockenzeit, die das Aufkommen weniger brandresistenter Arten verhindert (Lawrie 1984, S.206). Gleichzeitig wird das Wachstum trockenresister Arten in den feuchten Monaten eingeschränkt, wenn der Grundwasserspiegel in diesen flachen Regionen ansteigt und zu Überflutungen führen kann.

Eine wichtige Determinante bildet die Bodenfruchtbarkeit. Bei den Böden handelt es sich überwiegend um lateritische Roterden mit lehmigen Oberböden, die nährstoffarm sind und über eine geringe Wasserspeicherkapazität verfügen. Die nach der Entnahme der Bauxitschichten und der Beendigung des Abbaus aufgetragenen Erdschichten befinden sich nicht nur näher zum Grundwasserspiegel, sondern lagern auch sehr eisenhaltigem Substrat auf, das durch den maschinellen Abbauprozess stark verdichtet und für die Wurzeln vieler Pflanzen unüberwindbar wurde. Die Bedingungen für das Pflanzenwachstum nach dem Abbau sind gegenüber der ursprünglichen Ausgangssituation folglich verändert, so daß eine Renaturierung im Sinne einer vollständigen Wiederherstellung des vormaligen Ökosystems kaum möglich ist.


Abbau der 4 m mächtigen Bauxitschicht (Aufnahme S. Ewers 1997)

Sozio-ökonomische Rahmenbedingungen

Der Tagebau Weipa befindet sich innerhalb Australiens in einer äußerst peripheren Lage. Es existiert keine Bahnverbindung, und eine nur in der Trockenzeit zu befahrende Schotterpiste verbindet Weipa mit Cairns (850 km). Die Versorgung der im Bergbau tätigen Bevölkerung erfolgt daher fast ausschließlich über den Seeweg bzw. mit dem Flugzeug. Der namengebende Ort Weipa entstand als Missionsstation der Presbyterianischen Kirche Ende des vorigen Jahrhunderts. 1966 erfolgte in Verbindung mit der Erschließung der Abbauflächen und dem Aufbau von Verladeeinrichtungen an der Küste auch der Ausbau zur Kleinstadt durch die Firma Comalco. Rund 16 % des gesamten Investitionsvolumens von 300 Mio $ flossen in die Errichtung von Wohngebäuden und Infrastruktur (Jackson 1991, S.146).

Die lediglich 2400 Bewohner (1994) zählende Siedlung ist zweigeteilt. Der nördliche Siedlungteil Weipa wird ausschließlich von im Bergbau Tätigen bewohnt und entspricht einer klassischen company town mit den üblichen bevölkerungsstrukturellen Merkmalen (hohe Fluktuation der Bewohner, geringer Anteil an Frauen an der Gesamtbevölkerung u.a.). Im Süden schließt sich die Aborigines-Siedlung Napranum an. Das Land um Weipa war den Aborigines zur Nutzung überlassen, bevor Comalco 1957 die Abbaugenehmigung erhielt. Es ist den Aborigines daher erlaubt, das für den Abbau vorgesehene bzw. das bereits renaturierte Land zur Weide und zum Sammeln und Jagen zu nutzen.

Ziel des Bergbauunternehmens ist es, die Verantwortlichkeit für die Siedlung nach und nach abzugeben und den Übergang zu einer “normalen”, sich selbst verwaltenden Kleinstadt einzuleiten. Der Bergbau trägt somit im Sinne der Raumordnung zur Erschließung des Kontinents bei, indem Stützpunkte einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur im dünn besiedelten Outback entstehen. Die neu entstehenden Siedlungen bilden zentrale Orte für ein weites Umland, das Versorgungs- und Bildungseinrichtungen in Anspruch nehmen kann (Löffler/Grötz 1995 S.264). Das Hauptproblem – nicht nur im Fall von Weipa, sondern generell in peripheren Bergbauregionen – liegt darin, einen sich selbst tragenden Entwicklungsstand zu erreichen, der auch nach Beendigung des Abbau eine ökonomische Grundlage besitzt. Gerade im Fall Weipa ist die Marktferne dabei von entscheidender Bedeutung. Dadurch wird das Spektrum potentieller Rekultivierungsstrategien weiter eingeschränkt, selbst wenn es in ökologischer Hinsicht mehrere Alternativen geben mag.

Rekultivierungsmaßnahmen

Das langfristig verfolgte Ziel der Rehabilitationsmaßnahmen durch die Firma Comalco ist daher offen angelegt (Lawrie 1984, S. 207):

  • to establish a self-sustaining and maintenance-free vegetation comprising a variety of nativ plant which will in turn support native fauna
  • to investigate commercial forests, pastures and crops

Die gesetzliche Grundlage für die Rekultivierungsmaßnahmen bildet der Commonwealth Aluminium Corporation Agreement Act von 1957, der lediglich vorschreibt, daß die rekultivierten Flächen keine unnatürliche Hangneigungen aufweisen dürfen und daß der Eingriff in das natürliche Entwässerungsnetz zu minimieren ist. In den ersten Jahren der Rehabilitation bildete noch die Suche nach profitablen, d.h. marktorientierten Nutzungsformen das Schwergewicht der Maßnahmen, um der ansässigen Bevölkerung eine wirtschaftliche Perspektive nach Abschluß des Bergbaus bieten zu können. So wurden Weideflächen zur Rindfleischproduktion eingerichtet und Aufforstungen mit Nutzholzarten wie Khaya senegalensis (African mahagony), Tectonia grandis (teak), Pinus carribea (Carribean pine) durchgeführt (Roberts 1994, S.22). Die Rinderhaltung wurde bereits nach kurzer Zeit aufgegeben, da der Lebendgewichtzuwachs der Tiere zu gering blieb, um auf dem Markt konkurrieren zu können. In den 70er Jahren nahm man auch von der Holzwirtschaft Abstand, da die Holzerträge zu stark schwankten und ein Vertrieb wegen der großen Entfernungen unwirtschaftlich erschien. Getestet wurde auch der Anbau verschiedener Marktfrüchte wie Mangos, Limonen oder Kokosnüsse. Doch nur die Anpflanzungen des Cashew- und des Niembaums erzielten halbwegs erfolgversprechende Ergebnisse.

Die insgesamt nur wenigen Möglichkeiten für rentable land- oder forstwirtschaftliche Folgenutzungen veranlaßten die Betreiber der Mine daher bereits früh, die Wiederherstellung einheimischer Vegetation auf den ehemaligen Bergbauflächen zu fördern. Von den bis 1995 rekultivierten 6152 ha wurden 75% mit einheimischen Gehölzen bepflanzt, lediglich 14,5 % wurden als Weiden, weitere 6 % als Forstfläche rekultiviert. Heute steht die Renaturierung im Mittelpunkt, d.h. die Wiederherstellung und Stabilisierung von ausreichenden Nährstoffvorräten und -flüssen. Diese Zielsetzung erscheint wesentlich bescheidener, trägt jedoch dem faktisch nicht vorhandenen Nutzungsdruck in dieser peripheren Region Rechnung. Zudem haben die bisherigen Untersuchungen deutlich gemacht, wie schwierig schon die Errichtung eines stabilen und naturnahen Stoffkreislaufes ist, der schließlich die Grundlage für eine später erfolgende Errichtung eines Agrar- oder Forst-Ökosystems bildet.

Quellen

  • JACKSON, R.T.: Some Causes of and Responses to Change in Australia´s Mining Industry, in: Frankfurter Wirtschafts- und Sozialgeographische Schriften, H.59, S.145-160, Frankfurt 1991
  • LAWRIE, J.: Regeneration at Weipa Bauxit, in: Mining Magazine, March 1984, S.206-213
  • LÖFFLER, E. / GROTZ, R.: Australien, Wissenschaftliche Länderkunden Bd. 40, Darmstadt 1995
  • ROBERTS, S. C.: Long Term Ecological Stability of Native Revegetation following Bauxite  Mining At Weipa, North Queensland, Department of Agriculture, Brisbane 1994