Erdbeben und Vulkanismus im pazifischen Raum
H.O. Franken
Im zirkumpazifischen Raum ist immer wieder ein gehäuftes Auftreten teils katastrophaler Erdbeben – wie Mitte Januar 1995 im japanischen Kobe mit über 5300 Todesopfern – zu beobachten. In Japan allein werden pro Jahr 5.000 Erdbeben (SCHÖLLER 1987, S. 350) registriert und Seismologen rechnen hier auch mit einem regelmäßigen Auftreten starker Beben. Als bislang stärkstes Beben im pazifischen Raum gilt das sog. „Große Kanto-Beben“ vom 01. September 1923 in der Sagami-Bucht vor Tokyo und Yokohama, bei dem fast 100.000 Menschen starben.
Die Erdbeben und der Vulkanismus innerhalb des zirkumpazifischen Raumes sind eine Folgeerscheinung der Plattendrift. So besteht der Pazifik aus verschiedenen Platten unterschiedlicher Größe. Die Lithosphärenplatten (Erdkruste und starrer Teil des Oberen Mantels) schwimmen auf der Asthenosphäre (Zone geringerer Materialfestigkeit im Oberen Mantel). Im Bereich der Mittelozeanischen Rücken auf-wärtsgerichtete Konvektionsströmungen führen dort zu einem Auseinanderdriften der Platten. Die dabei aufsteigenden Konvektionsströme biegen unter der Lithosphäre seitlich ab und der Ozeanboden bricht auseinander. In den dabei entstehenden Spalten und Rissen eindringendes Magma bildet dort neuen Ozeanboden (sea floor spreading). Das Alter des Ozeanbodens nimmt dabei mit zunehmender Entfernung vom Mittelozeanischen Rücken zu. Dabei kann die Driftgeschwindigkeit der Platten im Pazifik bis zu 10cm/a betragen.
In den Randbereichen des Pazifischen Ozeans führt die abwärtsgerichtete Strömungsrichtung der Konvektionswalzen zur Ausbildung von Subduktionszonen. An der Erdoberfläche erscheinen die Subduktionszonen als Tiefseerinnen mit einer Tiefe bis zu 10 m (TOKSÖZ 1986, S. 108), die zugleich die ozeanwärtige Grenze der Subduktionszone markieren. In den Subduktionszonen taucht die spezifisch schwerere ozeanische Kruste entlang einer schrägen Gleitfläche (Benioff-Zone) in die Tiefe (KREISEL 1991, S. 12), wo die Kruste erwärmt, aufgeschmolzen und nach Millionen von Jahren im Mantel absorbiert wird. Nach dem Einfallen der Benioff-Zone werden zwei Typen von Subduktionszonen unterschieden, der Chile- und der Marianen-Typ. Beim Chile-Typ fällt die Benioff-Zone flach ein und die ozeanische Kruste taucht unter die kontinentale ab. Dabei können Sedimentkörper von der ozeanischen Kruste abgeschert und dem Kontinentalrand angefügt werden. Enthält die subduzierte Platte spezifisch leichtere Kru-stenblöcke, so bleiben diese an der aufgleitenden Platte hängen. Etwa 80% aller Erdbeben ereignen sich an Subduktionszonen vom Chile-Typ. Die Vulkane sind in einer Entfernung von ca. 150-300 km parallel zur Tiefseerinne angeordnet und fördern andesitisches Magma.
Die Benioff-Zone fällt beim Marianen-Typ steil ein. Über der Subduktionszone entsteht ein vulkanischer Inselbogen mit einer meerwärtigen Tiefseerinne und – als Folge des durch den zurückweichenden Kontinent erzeugten Zugspannungsfeldes – dem back-arc-Becken, einem kontinentalwärtigen Randmeer. Im pazifischen Raum zieht sich die Inselbogen-Kette von den Aleuten über Japan, die Philippinen bis nach Neuseeland. Sie ist seismisch sehr aktiv und besteht aus zwei parallelen Insel-ketten im Abstand von 50-150 km. Der äußere Inselbogen besteht aus gefalteten Sedimenten und weist im Gegensatz zum inneren Bogen keinen Vulkanismus auf. Die Ausbildung des äußeren Inselbogens ist unterschiedlich, so kann er überflutet (Süden von Java), schwach entwickelt, dominierend (z.B. Ryukyu Island zwischen Japan und Taiwan) oder topographisch und strukturell mit dem inneren Bogen verbunden sein (Japan).
Die häufigen Erdbeben gehen auch auf die Drift der Lithosphärenplatten zurück. Im Bereich der Gleitflächen bauen sich durch Verkeilung oder erhöhte Reibung Spannungen auf, die sich bei Überschreitung eines Grenzwertes durch plötzliche, ruckartige Bewegungen entladen. So kommen Erdbeben häufig in jungen Fal-tengebirgen und Subduktionszonen vor. Auf den zirkumpazifischen Raum entfallen 80% aller Flachbeben (Herdtiefe < 70 km), 90% der mitteltiefen (70-300 km) und fast 100% aller Tiefbeben (300-700 km). In den Subduktionszonen liegen die Hypozentren (Bebenherde) in einer 250 km breiten Zone (Benioff-Zone), die mit 30 Grad kontinentalwärts unter die Inselbögen und mit 30 Grad (0-300 km Tiefe) bzw. 60 Grad (300-700 km Tiefe) unter den jungen kontinentalen Faltenge-birgen (z.B. Anden) abtaucht (CHORLEY 1984, S. 105).
Untersuchungen im Bereich der japanischen Platte haben ergeben, daß Flachbeben dort auftreten, wo die Platten nahe der Oberfläche kollidieren. Die Hypozentren der tiefen und mitteltiefen Beben sind dagegen in den kühlsten Bereichen im Inneren der subduzierten Platte lokalisiert, da hier die Spannungen am größten sind. Unterhalb von 700 km erfolgt der Spannungsabbau durch plastische Deformation, daher treten in dieser Tief keine Erdbeben auf.
Der Vulkanismus im zirkumpazifischen Raum steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit den Subduktionszonen. Die Vulkane sind meist hochexplosiv und fördern mehr als 90% Lockermaterial (z.B. Bandaisan/Japan, Tambora/Indonesien, Mt. St. Helens/USA) (KREISEL 1991, S. 17). Die Lava ist sehr kieselsäurehaltig (Anteil 60%: Andesit-Typ) und sehr zäh (KREISEL 1991, S. 16). Die große Sprengkraft hat häufig katastrophale Auswirkungen. Die Stratovulkane fördern sowohl Lava (effusiv) als auch Lockermaterial (explosiv) (z.B. Mt. Rainer/USA, Osorno/Chile, Paricutin/Mexico). Der Anteil des Lockermaterials liegt bei 45-70% (KREISEL 1991, S. 17). Vulkane mit einer ständigen, aber gemäßigten Tätigkeit wie der Stromboli sind kaum vertreten (z.B. Iza-lao/El Salvador, Sangay/Ecuador).
Die innerpazifischen Inselketten gehen oft auf den sog. hot spot-Vulkanismus (Manteldia-pirismus) zurück.
Photograph by C. Heliker on September 19, 1984
Lava fountain 450 m high bursts from Pu`u `O`o in September 1984. In the foreground, low fountains play above a fissure that opened just before the main vent began to erupt. After the high fountains relieved some of the pressure on the magmatic system, the fissure activity died.
A house is torched by a lava flow in Kalapana. In May 1990, a Federal Disaster Declaration was issued for Kalapana and all other areas previously affected by the eruption.
Hierbei handelt es sich um eine stationäre, punktförmige Erwärmungszone im Mantel, die die über die Asthenosphäre hinwegziehende Lithosphärenplatte durchstößt. Die hier entstandenen Vulkane sind Schildvulkane mit effusivem Lavaausfluß (dünn-flüssige Lava, nicht explosiv). Wird die Verbindung des Vulkans mit dem aufsteigenden Konvektionsstrom durch die Plattendrift unterbrochen, erlischt der Vulkan und neben dem alten Vulkan (Guyot) entsteht ein neuer, aktiver Schildvulkan. Beispiele für hot spots sind die Insel Hawaii (Hawaii-Imperator-Inselkette) und die Insel Savaii (Samoa-Gruppe). Im Gegensatz zu Vulkanen der Subduktionszonen fördern die innerpazifischen Vulkane basaltische Lava.
Eine Folge von Seebeben, untermeerischen Vulkanausbrüchen oder Massenverlagerungen sind die im pazifischen Raum auftretenden Tsunamis. Dies sind langwellige, hohe Flutwellen (5-10 m), die sich mit hoher Geschwindigkeit kreisförmig vom Epizentrum aus innerhalb kürzester Zeit über den pazifischen Ozean ausbreiten und wegen ihrer großen Energie an den Meeresküsten häufig katastrophale Zerstörungen anrichten.
Literaturauswahl:
BRÜCKNER, H. (1995): Die Entstehung der Ozeane. Geographische Rundschau 47, 2, S. 74-81.
CHORLEY, R.J. et al. (1984): Geomorphology. London.
CLOSS, H. et al. (1986): Alfred Wegeners Kontinental-Verschiebung aus heutiger Sicht. In: Ozeane und Kontinente. Spektrum der Wissenschaften. Heidelberg. S. 40-53.
CONDIE, K.C. (1976): Plate tectonics and crustal evolution. New York.
DECKER, R. & B. (1989): Vul-canoes. Revised and updated edition. New York.
DEWEY, J.F. (1986): Plattentektonik. In: Ozeane und Kontinente. Heidelberg. S. 26-38.
KRAUS, E.C. (1971): Die Entwicklungsgeschichte der Kontinente und Ozeane. Berlin.
KREISEL, W. (1991): Die pazifische Inselwelt. Wissenschaftliche Länderkunden Bd. 38. Darmstadt.
PRESS,F. und SIEVER, R. (1986): Earth. New York.
RICHTER, D. (1980): Allgemeine Geologie. Berlin.
SCHÖLLER, P. (1987): Japan. In: Schöller, P. et al. (ed.): Ostasien. Fischer-Länderkun-de Bd. 1. Frankfurt. S. 325-440.
TOKSÖZ, M.N. (1986): Die Subduktion der Lithosphäre. In: Ozeane und Kontinente. Heidelberg. S. 106-116.