TAGUNGSBERICHT
8. Pazifik-Forum – Arbeitsmarktpolitische und soziale Aspekte für ‘sustainable development’ im pazifischen Raum
19.-21. Mai 1995, Aachen
C. Fensterseifer/H. Westphal/J. JaegerDas 8. Pazifik-Forum der Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien e.V. stand in diesem Jahr unter dem Thema “Arbeitsmarktpolitische und soziale Aspekte für sustainable development im pazifischen Raum”. Nach der Einführung in die Thematik durch Prof. Werner Kreisel und Dr. Christel Fensterseifer legte als erster Referent Min.Dir. a.D. Winfried Böll (Unkel) die grundlegenden Anforderungen an eine zukunftsfähige Entwicklungspolitik dar. Als nächster Referent berichtete Jaap Schep (Brummen/Niederlande) über die Erfolge bei der Schaffung neuer Einkommensquellen für die Bevölkerung der Salomonen durch eine ökologisch angepaßte forstwirtschaftliche Nutzung und ein offensichtlich erfolgreiches Managementkonzept. Jaap Schep ist Leiter und Koordinator des “Integrated Resources Development Programme” (IRDP) der United Church. Mit Hilfe des vorgestellten Projektes ist es bereits gelungen, die Abholzung der Regenwälder durch asiatische Firmen auf staatlichen Grundbesitz zurückzudrängen. Deutliche Kritik wurde jedoch an der Regierung der Salomonen geübt, die noch immer – offensichtlich aus finanziellen Gründen – die flächenhafte abholzung des Regenwaldes und damit irreparable Umweltschäden zuläßt.
Als erster Referent des zweiten Tages beschrieb Prof. Dr. Richard Bedford von der Waikato University in Hamilton (Neuseeland) das Modell der sog. “MIRAB Economies”, das fast ausnahmslos auf alle kleinen Inselstaaten des pazifischen Raumes zutrifft. Er analysierte die ökonomischen, politischen und sozialen Konsequenzen, die sich aus der Abhängigkeit von Migration, Geldtransfer der Migranten in die Heimatländer, Entwicklungshilfe und der Bürokratie (in vielen Ländern sind die Regierungen der größte Arbeitgeber) resultieren. Prof. Bedford wies auf die Probleme der Staaten hin, die sich aufgrund restriktiver Einwanderungsbestimmungen der USA, Neuseelands und Australiens sowie geringerer Entwicklungshilfeleistungen noch verschärfen werden. Frank Affinito (Brüssel) legte – als Vertreter der Europäischen Kommission (Abt. Pazifik) – hauptsächlich am Beispiel von Papua-Neuguinea – die Möglichkeiten der wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Kooperation zwischen der EU und den Staaten im Pazifischen Raum dar. Er stellte mehrere spezifische Mikroprojekte vor, die eine größtmögliche Partizipation der Dorfbevölkerung zum Ziel haben. Am Mittag stand ein Empfang der Stadt Aachen im Weißen Saal des Rathauses auf dem Programm. Der zweite Bürgermeister der Stadt Aachen, Herr Dr. Ulrich Daldrup, war sehr an der Tagungsthematik interessiert und gab den Teilnehmern und Teilnehmerinnen einen kleinen Einblick in die Geschichte aachens. Im Anschluss daran bot sich den Gästen die Möglichkeit zur Besichtigung des Rathauses. Hon. Afamasaga Toleafoa (Brüssel), der Botschafter von West-Samoa, analysierte die ökonomische Situation West-Samoas unter Einbeziehung eines historischen Rückblicks auf die Einflüsse der Kolonialzeit. Er wies hin auf die für sein Land relevante Migrationsproblematik hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung und auf zukünftige Erfordernisse der Entwicklungszusammenarbeit zur Diversifizierung der Ökonomie. Er bedauerte in diesem Kontext den Rückzug Deutschlands aus der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit den pazifischen Staaten. Viktor Kaisiepo (Delft/Niederlande) von der West Papua People`s Front beleuchtete die Thematik der Migrationsbewegungen und den Begriff des `sustainable development aus einem völlig anderen Blickwinkel. In seinem Vortrag standen Menschenrechtsverletzungen durch das indonesische Regime in West-Papua (Irian Jaya) und Osttimor im Mittelpunkt. Kaisiepo forderte eine größere Einflußnahme Deutschlands auf die indonesische Regierung und definierte den Begriff der “nachhaltigen Entwicklung” mehr aus dem Selbstverständnis der indigenen Bevölkerung heraus. Nach den Vorträgen wurden drei workshops zu folgenden Themen durchgeführt:
- “Möglichkeiten sozialverträglicher Einkommensquellen im ländlichen Raum – die Rolle der Kirchen” unter der Leitung von Jaap Schep und Bernhard Küpper (Misereor Aachen).
- “Ansiedlung von Leichtindustrie versus Kleingewerbeförderung” unter der Leitung von Winfried Böll und Prof. Dr. Hanns Jürgen Buchholz (Geographisches Institut der Universität Hannover).
- “Wirtschaftliche, soziale und politische Konsequenzen von Wanderungsbewegungen” unter der Leitung von Prof. Dr. R. Bedford und Viktor Kaisiepo.
Abgeschlossen wurde der Tag mit einem gemütlichen Beisammensein der Teilnehmer/innen im historischen Lombardsaal der RWTH Aachen. Am nächsten Tag wurden die Ergebnisse der drei Workshops vorgetragen und bei einer Podiumsdiskussion mit zahlreichen Stellungnahmen erörtert.